Wo ist die feine Linie zwischen gesunder und ungesunder Selbstoptimierung? Wie verläuft sie und kennst du den Unterschied?
In meinem neuen Blogartikel nehme ich dich mit auf meine ganz persönliche Reise. Von der Überanpassung an gesellschaftliche Erwartungen bis hin zur Erkenntnis, dass nicht jede Art der Selbstverbesserung tatsächlich gut für uns ist.
Bist du bereit, ehrlich zu dir selbst zu sein?
Bild: Canva
Immer schön (weg) lächeln- Eine Selbsterfahrung
Bevor ich tatsächlich erkennen konnte, was Selbstoptimierung eigentlich ist oder was es sein kann, habe ich erst einmal alles falsch gemacht, was man nur falsch machen konnte. Ich habe meine Art zu sprechen, wie ich lache, wie ich mich kleide und ernähre und vieles mehr dauerhaft optimiert. Ich ging davon aus, wenn ich mich nur richtig anpasse und nur hart genug an mir arbeite, meine "blöden" Eigenarten so verändere, dass sie mir nicht im Alltag im Weg stehen, habe ich so richtig was für mich und mein Leben getan. Ja und eine ordentliche Portion Anerkennung gibt´s gleich noch oben drauf. Schließlich kommen nur die harten in den Garten, richtig? Für mich gab es nichts wichtigeres als die Fähigkeit es "in der Welt da draußen" zurecht zu kommen.
Nachdem ich heute einen wirklich chaotischen Tag hatte und nach langer Zeit mal wieder ganz schön spät zu einen seit Monaten gesetzten Terminen ankam, war ich drauf und dran, die Stress und Chaos weglächelnde Martina wieder auszupacken. Ich wollte mir einen eventuell bissbilligenden Blick für mein verspäten ersparen. Es war einfach einer der Tage der mir ganz klar aufzeigen wollte.
"Du kannst nicht immer mit allem klarkommen, manchmal da läuft alles drunter und drüber."
Und ZACK! Wer meldet sich zu Wort?
Ein alter Glaubenssatz der mich nach wie vor gerne besuchen kommt.
"Ich darf keine Schwäche zeigen und muss immer alles alleine bewältigen, um als stark und belastbar wahrgenommen zu werden."
Übrigens kleiner Spoiler: Ich habe dann ganz tapfer heute meinen Stress und mein Chaos nicht weggelächelt und mich der Welt mit all meinem Wahnsinn einfach zugemutet. ;)
Nachdem mein alter Glaubensatzt einen Tango mit meinem etwas neueren Glaubenssatz hatte, war ziemlich schnell klar, die Punktevergabe ging heute an:
"Es ist in Ordnung, meine Unsicherheiten und Bedürfnisse zu zeigen."
„Stress, Unsicherheit und Bedürfnisse runterspielen, zeigen was man alles aushält und wie "Resilient" man dadurch ist, diesen Quatsch habe ich wirklich geglaubt und mit Überzeugung bis zum Burn Out auch gelebt.“
Martina Meininger
Was ich damals einfach nicht wusste:
Sich selbst zu optimieren ist per se nicht das Problem – das Problem liegt eher darin, wie und warum man sich optimiert. Wenn du dir der wahren Motivation nicht bewusst bist, kannst du leicht in die Falle ungesunder Selbstoptimierung tappen.
Aber was ich zur Beruhigung sagen kann ist, dass wir es alle machen.
Ja!
Wir alle!
Unsere Herausforderung dabei ist meiner Ansicht nach:
1. Das Verständnis für die feine Linie zwischen gesunder und ungesunder Selbstoptimierung
2. Der mutige Wille für seine Bedürfnisse einzustehen, auch wenn es keine Anerkennung von außen bedeutet.
Nachdem ich mich also fast einem alten Muster hingegeben hatte, kam in mir das Bedürfnis dieses Wort "Selbstoptimierung" mal etwas unter die Lupe zu nehmen.
Wie definiere ich Selbstoptimierung?
Selbstoptimierung bedeutet meiner Definition nach, gezielt an bestimmten Fähigkeiten oder Eigenschaften zu arbeiten, um in einem bestimmten Bereich besser zu werden, wie zum Beispiel beim Spielen eines Instruments.
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Die gesunde Art der Selbstoptimierung - Die Chance für Selbstwachstum
Jetzt stell dir vor, du bist mit Leidenschaft ein Mensch, der es liebt, Geige zu spielen. In der gesund gelebten Art der Selbstoptimierung geht es darum, konkrete Ziele zu erreichen, wie zum Beispiel eine flüssigere Spieltechnik um ein Lied noch schöner klingen zu lassen. Diese Art der Optimierung ist gesund, weil sie auf einem eigenen Wunsch basiert und dich dabei unterstützt, dein Wohlbefinden und deine Freude zu steigern.
Hier entsteht die Art der Optimierung aus einem bzw. deinem inneren Bedürfnis und fördert dein eigenes Wohlbefinden. Du unterstützt dich aktiv dabei dich selbst besser zu fühlen und deine Leidenschaft (weiter) zu entwickeln. Das kann auch passieren indem du z.B. deinen Planer optimierst, damit er dich für deiner tägliche Routine besser unterstützen kann und dir somit hilft Stressspitzen erst gar nicht zu erreichen. Letztlich ist das Ziel der positiven Selbstoptimierung deine Fähigkeiten oder auch z.B. deine Abläufe zu verbessern und dein persönliches Wachstum zu fördern ohne deine Bedürfnisse zu ignorieren.
Selbstaufgabe - Optimierung zum Wohle der Anderen?
Bleiben wir bei dem Beispiel des Geigenspiels.
Wie schön, wenn man aus dem inneren Bedürfnis für sich spielt und an seiner Technik arbeitet, oder? Was aber, wenn der wahre Grund für ein besseres Spiel Druck und Angst sind? Wenn der Wunsch nach Anerkennung, Zuneigung oder Akzeptanz von außen einen antreibt, besser zu werden? Was passiert, wenn der Zwang, die Erwartungen anderer zu erfüllen, höher ist, um Kritik und Zurückweisung zu vermeiden? Es mündet in einem Gefühl der inneren Lehre, Unzufriedenheit. Der Wunsch, etwas für sich zu tun, ist dem Wunsch gewichen, andere zufriedenzustellen. Es stellt die eigenen Bedürfnisse vollkommen hinten an.
Diese Art der Optimierung wird oft von Druck und Angst getrieben. Du verspürst den starken Drang, Anerkennung, Zuneigung oder Akzeptanz von außen zu gewinnen, und fühlst dich gezwungen die Erwartungen anderer vor deiner zu stellen.
Kleine Info am Rande:
Wusstest du, dass nicht ausgelebte Bedürfnisse, wie z.B. "Faulheit" meistens als unangenehme an anderen Menschen empfunden werden und nichts mit der Faulheit deines Gegenübers zu tun haben? Man nennt das auch Schattenanteile. Wir lehnen dann bestimmte Verhaltensweisen oder Herangehemsweisen ab, weil wir selbst noch nicht im reinen mit dem Thema sind das es beinhaltet.
Das hört sich jetzt vielleicht nicht ganz so prickelnd an, aber hier ist noch ein weiterer interessanter Aspekt, den ich einbringen möchte:
Ich persönlich bin davon überzeugt, wir brauchen beides in unserem Leben – die gesunde Art der Selbstoptimierung und die destruktive. Denn wie wollen wir sonst zur Erkenntnis kommen, was uns guttut und dient? Letztlich ist es dennoch wichtig, eines für uns in den Alltag mitzunehmen: Wer optimiert, sollte sich bewusst darüber sein, was er optimieren möchte und welcher Sache es letztlich wirklich dient.
Was denkst du?
Hast du schon einmal über die feinen Unterschiede in deiner eigenen Selbstoptimierung nachgedacht?
Teile deine Gedanken gerne in den Kommentaren!
Liebe Grüße
Martina
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Kommentare
Hallo Martina!
Vielen Dank für diesen spannenden Artikel. Deine Worte und Herangehensweise inspirieren und erweitern meinen eigenen Wahrnehmungs-Horizont.
Ich selbst optimiere seit meiner Kindheit an mir rum und habe dies bis zur Profession getrieben, indem ich, als x-ten Beruf, als Heilpraktikerin für Psychotherapie vor 7 Jahren eine eigene Praxis eröffnet habe. Ich glaube ich bin gut in dem was ich tue und erlebe, dass ich den Menschen, die herkommen, aufgrund meiner eigenen Erfahrung und meinem Wissen sehr gut weiterhelfen kann.
Meine eigener Trieb zur Selbstoptimierung findet jedoch aufgrund persönlicher Grenzen, die mir immer wieder begegnen, kein Ende und fühlte sich irgendwann falsch an. In einer daraufhin gewählten Therapie habe ich gelernt (und übe noch weiter) mich weniger auf Veränderung als auf Annahme meiner Selbst auszurichten. Das fällt mir schwer, weil das alte Programm seit 50 Jahren läuft, aber ich spüre einen deutlichen und sehr angenehmen Unterschied, wenn ich das, was ich früher wegoptimieren wollte, annehme. Und mich selbst mit meinem ganzen Wesen annehme.
Mit einer ADHS Verdachtsdiagnose gibt es eine weitere Spur, der ich seit neuestem folge. Vielleicht gibt es noch mehr Gründe warum ich so bin wie ich bin und kann mich so noch mehr annehmen.
Herzliche Grüße, Katja